Der Bundesrat hat Anfang April 2025 die revidierte CO2-Verordnung teilweise rückwirkend auf den 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt. Diese legt die Reduktionsziele für den Treibhausgas-Ausstoss der verschiedenen Sektoren bis 2030 fest.
Mit dem revidierten CO2-Gesetz soll der Treibhausgas-Ausstoss der Schweiz bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990 halbiert werden. Die Verminderung erfolgt zu zwei Dritteln mit Massnahmen im Inland. Der Bund kann ausserdem neu Massnahmen der Kantone, Gemeinden und Unternehmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels finanziell unterstützen. Die CO2-Verordnung regelt die Förderschwerpunkte. Im Vordergrund stehen Projekte in Zusammenhang mit den gesundheitlichen Folgen der zunehmenden Hitzebelastung, mit Personen- und Sachschäden durch zunehmende Naturgefahren und mit Ernteausfällen in der Landwirtschaft durch häufigere und längere Trockenheitsperioden.
Massnahmen im Industriesektor
Die CO2-Verordnung regelt drei neue Förderinstrumente für die Industrie: Unternehmen im Schweizer Emissionshandelssystem (EHS) können finanzielle Unterstützung beantragen für Massnahmen, mit denen sie ihren Treibhausgas-Ausstoss wesentlich senken. Die Verordnung regelt weiter die neue Unterstützung für Hersteller von Biomethan, das ins Gasnetz eingespeist oder als Treibstoff verwendet werden kann. Auch Unternehmen, die Solarwärme für ihre Prozesswärme einsetzen, werden neu unterstützt. Die Verordnung konkretisiert zudem die Befreiung von der CO2-Abgabe für Unternehmen, die sich zur Verminderung ihrer Emissionen verpflichten. Diese Möglichkeit steht neu allen Unternehmen offen. Die CO2-Verordnung gibt einen durchschnittlichen Mindestwert von 2.25% pro Jahr über die gesamte Verpflichtungsperiode vor.
Kritik: Es müssen mehr teure CO2-Zertifikate aus dem Ausland eingekauft werden
Die Klima-Allianz, ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen für den Klimaschutz in der Schweiz, kritisiert allerdings, dass etwa die CO2-intensive Industrie vom revidierten CO2-Gesetz profitiere: Derzeit müssten Unternehmen mit sehr hohem CO2-Ausstoss diesen jährlich um 4.4% senken – genau wie in der EU. Erreichen sie die Quote, dann würden sie von der CO2-Abgabe auf Heizöl und Erdgas befreit. Der Bundesratsentwurf sehe nun vor, dass diese Befreiung bereits ab einer Reduktion von nur 2.5% möglich sei. Den Verbänden Swissmem und Economiesuisse sei jedoch selbst das zu viel gewesen. Auf ihren Druck hin sei die Rate auf 2.25% gesenkt und ausserdem auf energiebedingte Emissionen beschränkt worden. «Damit wird die Schweiz ihre inländischen Emissionen noch langsamer senken als ohnehin schon. Entsprechend müssen auf Steuerkosten mehr teure CO2-Zertifikate aus dem Ausland eingekauft werden. Und das ausgerechnet für einen Wirtschaftssektor, in dem sich Massnahmen zur CO2-Reduktion oftmals sogar finanziell lohnen», sagt Patrick Hofstetter, Klimaschutzexperte beim WWF Schweiz.
Massnahmen im Verkehr
Mit dem revidierten CO2-Gesetz werden neu internationale Nachtzugverbindungen und die Umstellung von Diesel- auf Elektrobusse gefördert. Die CO2-Verordnung präzisiert die Förderbedingungen. Treibstoffimporteure sind weiterhin verpflichtet, einen Teil des CO2-Ausstosses aus dem Verkehr mit Klimaschutzprojekten im In- und Ausland zu kompensieren. Die CO2-Verordnung legt für die Jahre 2025-2030 einen Inlandanteil von mindestens 12% fest.
Kritik: CO2-Kompensationspflicht der Treibstoffimporteure wurde zu tief angesetzt
Schon im Entwurf vor der Vernehmlassung (in der sich die Interessenvertreter dazu äussern können), sei etwa die CO2-Kompensationspflicht der Treibstoffimporteure auf Druck der Branche viel zu tief angesetzt worden, kritisiert die Klima-Allianz. «Damit schenkt der Bund den Treibstoffimporteuren einen dreistelligen Millionenbetrag auf Kosten der Steuerzahler. Ein Betrag, der an anderer Stelle weggekürzt werden muss» zitiert die Klima-Allianz Delia Berner, Expertin für Klimapolitik bei alliance sud.
Im CO2-Gesetz gelten ab 2025 konkrete CO2-Zielwerte für Fahrzeuge in Gramm pro Kilometer. In Anlehnung an die EU wird der Geltungsbereich auf schwere Nutzfahrzeuge (z.B. Lastwagen) erweitert. Die CO2-Verordnung macht Vorgaben zur Bestimmung des massgebenden CO2-Ausstosses sowie zur Berechnung der individuellen Zielvorgabe für schwere Nutzfahrzeuge. Grossimporteure sämtlicher Fahrzeugkategorien erhalten eine Erleichterung für das Erreichen der Zielwerte, wenn sie vorgegebene Schwellenwerte für den Flottenanteil von emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeugen übertreffen.
Kritik: Autoverkäufer müssen sich nicht einmal besonders anstrengen
Im Verkehrsbereich können sich die Autohersteller gemäss Klima-Allianz freuen. «Alle, welche die Grenze von 23% Elektro- und Hybridanteil erreichen, können weiterhin im fast gleichen Umfang Verbrenner verkaufen», zitiert sie Luc Leumann vom Verkehrsclub der Schweiz (VCS). Dem Klimaschutz würde damit ein Bärendienst erwiesen. Zumal sich die Autoverkäufer für die nun eingeführte Schwelle nicht einmal besonders anstrengen müssten, denn sie kämen schon heute auf diesen Anteil.
Massnahmen in der Luftfahrt
Der Flugverkehr bleibt in das EHS (Environment, Health und Safety) für Luftfahrzeugbetreiber eingebunden. Im Einklang mit dem EU-EHS wird ab 2025 die Menge der zugeteilten Emissionsrechte jährlich stärker gekürzt. Die Schweiz setzt die Pflicht zur Beimischung von erneuerbaren und emissionsarmen Flugtreibstoffen nach aktueller Planung 2026 um. Ergänzend werden Massnahmen gefördert, welche den Treibhausgas-Ausstoss der Luftfahrt reduzieren (z.B. Herstellung erneuerbarer Flugtreibstoffe). Die CO2-Verordnung regelt den Geltungsbereich der Beimischpflicht und die Förderbedingungen.
Massnahmen im Gebäudebereich
Mit dem revidierten CO2-Gesetz werden die Massnahmen im Gebäudebereich weitergeführt. Die CO2-Abgabe bleibt bei 120 Franken pro Tonne CO2. Bevölkerung und Wirtschaft erhalten weiterhin zwei Drittel der Abgabe zurück.
Teilweise rückwirkende Inkraftsetzung
Damit die bestehenden klimapolitischen Instrumente lückenlos weitergeführt werden, treten einige der Bestimmungen rückwirkend per 1. Januar 2025 in Kraft. Das betrifft insbesondere Bestimmungen zu den CO2-Zielwerten für Fahrzeuge, der Verminderungsverpflichtung, des EHS, der Kompensationspflicht und der Rückerstattung und Rückverteilung der CO2-Abgabe. Die Bestimmungen zu den neuen Fördergefässen treten zusammen mit der Verordnung über das Inverkehrbringen von erneuerbaren oder emissionsarmen Brenn- und Treibstoffen per 1. Mai 2025 in Kraft. Diese definiert die ökologischen Anforderungen an erneuerbare oder emissionsarme Brenn- und Treibstoffe sowie die Nachweismöglichkeiten zur Einhaltung dieser Anforderungen.